Aphorismen

Neben und in seinen zahlreichen Buchveröffentlichungen und Vorträgen verfasste Endres hunderte kleine Sinnsprüche. Hier sind einige von ihnen.

Aus 'Nimm mich mit'
  • Vor dem Tiefsten steht immer das Schweigen.
  • Ich habe in meinem Leben nur wenige Menschen kennen gelernt, denen ein Feind mehr geschadet hätte, als sie sich selbst geschadet haben. Und trotzdem haben die Meisten sich selbst über Alles geliebt. Liebe ist wirklich blind.
  • Wenn Du kein Geld hast, hast Du die wenigsten Freunde, aber die besten.
  • Am meisten ärgern sich die Menschen, wenn auf dem Acker, auf dem sie Disteln gesät haben, kein Weizen wächst.
  • Ist es so sehr verächtlich, mit Füßen getreten zu werden? Es ist das Los der edelsten Teppiche.
  • Auch vom höchsten Baum fallen die Blätter zu Boden.
  • Ich habe in einem langen Wanderleben unendlich viele Menschen der verschiedensten Völker kennen gelernt. Sie sind alle gleich. Nur die Formen, in denen sie dieser Gleichheit Ausdruck geben, sind verschieden.
  • Bist Du reich, so sieh auf die Menschen, die noch reicher sind als Du und auch sterben müssen. Bist Du arm, so sieh auf die Menschen, die noch ärmer sind als Du und auch leben müssen.
  • Es gibt viel mehr Wisser als Könner auf der Welt. Drum blühen überall die Theorien und in der Praxis sieht es überall so herzlich schlecht aus.
  • Sich einer schlichten Arbeit zu schämen, ist fast so niederträchtig wie sich einer einfachen Mutter schämen.
  • Wer nur im Lohn den Lohn der Arbeit sieht, wird immer der Arbeit fluchen.
  • Langeweile - ein Zustand, den ich nur in törichter Gesellschaft kennen lernte. Wer mit sich selbst allein Langeweile verspürt, ist zweifellos auch in törichter Gesellschaft.
  • Der Hochmut derer, die Gott gepachtet haben, wiegt nicht so viel, wie die Sehnsucht derer, die ihn suchen.
  • Nur die Menschen, die aus ihrem Gott einen orientalischen Gewaltherrscher machen oder ein trübes Abbild ihrer pessimistischen Phantasie, die fürchten sich und in diesen erwachen Sklaveninstinkte. Gott aber hat keine Sklaven, sondern hat Menschen, in deren Seele er selbst wirksam wird.
  • Wenn die Menschen sagen, sie wollen mit irgend etwas „die Zeit tot schlagen“, graut es mir vor diesen Mördern ihres eigenen, so kurzen Lebens.
  • Der wahre Held hat Mut, wenn ihm keiner zusieht. Mut vor großem Publikum ist die einzige Tugend der Eitelkeit.
Aus 'Land der Träume'
  • Nur die allerdümmsten Hühner gackern über Eier, die sie noch gar nicht gelegt haben. Leider sind ihnen gerade darin sehr viele Menschen ähnlich.
  • Es gibt Leute, die sich mit aller Mühe nicht dümmer stellen können, als sie ohnehin schon sind.
  • Du lebst! Bedenke, daß diese Tatsache für Dich sehr viel, für die Allgemeinheit herzlich wenig zu tun hat.
  • Der Mensch wird nicht besser mit seinen Würden. Es gibt schlechtere Menschen unter den Mächtigen als unter den Machtlosen. Denn meist ist sehr viel Schlechtigkeit notwendig, um mächtig zu werden.
  • Die vom Kriege leben, sterben nicht an ihm.
  • Wie wollt Ihr den Weltfrieden aufrichten, solange Ihr den Frieden mit Eurem Nächsten noch nicht im Herzen habt!
  • Die Moral ist mathematisch ein Wunderding. Sie wird gleich Null, wenn man sie doppelt nimmt.
  • Der Mann kann an einer Frau viele Frauen kennen lernen, aber er irrt sich, wenn er glaubt, an vielen Frauen eine kennen lernen zu können.
  • Das Tier hat weniger Verstand als der Mensch, aber unendlich viel mehr Dankbarkeit und Ehrlichkeit. Es vermag die meisten Menschen zu beschämen.
  • Das Staunen vor den Geheimnissen, die uns umgeben, ist die Mutter aller Weisheit.
  • Man soll das, was man gerne tut, nicht Gewohnheit werden lassen. Denn es gibt nichts Furchtbareres als die Gewohnheit.
  • Ideen haben es nicht nötig, gelehrt zu werden, sie wirken auf viele, wenn einzelne sie leben.
  • Man täuscht sich im andern meist deshalb, weil man sich selbst nicht vorher gekannt hat.
  • Wir sollen jede religiöse Ansicht anderer ehren und achten. Denn jede Religion ist die heiligende Beschäftigung des Menschen mit dem göttlichen Geheimnis.
  • Die Welt wäre eine traurige Belanglosigkeit, wenn sie der Mensch begreifen könnte.
Aus 'Nimm mich mit'
  • (über den Tod:) Wenn dem Menschen eine elektrische Maschine, wie wir sagen, „kaputt“ geht, ist sein mechanischer Anteil an der Wirkung der Naturkraft an dieser einen Stelle tot. Damit ist aber die Elektrizität nicht gestorben.
  • Es gibt gar kein gesondertes Problem! Wir Menschen machen einen großen Fehler, wenn wir glauben, daß das große Geheimnis des Lebens sich in Sonderprobleme auflöst. Es ist alles nur e i n  P r o b l e m, und das ist die Wiedererweckung der getöteten menschlichen Seele.
  • Weil dieses Göttliche nicht zu wissen, sondern nur zu erleben ist, kann ihm mit den Mitteln des Wissens nicht nahe gekommen werden. Hier liegen die Gefahren aller Theologie als Wissenschaft.
  • Jede rein rationalischtische Behandlung Gottes muß zum Atheismus führen, und je logischer sie zu Werke geht, desto rascher! Aber das beweist nichts gegen Gott und alles gegen die Ratio. Schöpfe das Weltmeer mit einem Fingerhute aus, du vermagst es nicht! Wie töricht, wenn du dann das Weltmeer leugnest!
  • Wissenschaft kann nicht Welträtsel lösen, im besten Falle kann sie solche nur vermehren.
  • Mag der gelehrte Gott in der und jener Lehre falsch sein: der erlebte Gott ist immer der richtige!
  • Der Glaube an Gott ist nicht das, was man sagt, sondern das, was man tut.
  • Warum? - Ewige, törichte Frage des Menschen, die im kleinsten keine Antwort findet und doch stets wieder an das Größte sich wagt.
  • Warum? - Erkennt doch endlich, daß dieses Nichtantwortenkönnen auf das kleinste „Warum?“ zu eurem Menschentum gehört, wie euer überschätzter Intellekt oder euer Bewußtsein.
  • Gott ist kein irdischer Richter oder Prozeßentscheider. Er lebt nicht von der Furcht der Menschen, sondern von deren vertrauensvoller Hingabe, die in Freude und Zuversicht erfolgt: das einzige Opfer, das ihm zu bringen ist.
  • Nicht der ist religiös harmonisch, der sich vor dem Jenseits fürchtet und aus Furcht vor Strafe das zu tun läßt, was böse ist, was er aber tun würde, wäre die eingebildete kommende Strafe nicht da. Nur der ist religiös zu nennen, der gar nicht böse sein kann, weil Gott in seiner Seele wohnt. Dieser alte mystische Gedanke ist größer als alle philosophischen Systeme.
Aus 'Land der Träume'
  • Menschen ohne Sehnsucht! Das ist das Traurigste in der Welt. Das sind die Verlorensten, die Gottfernsten. Die brauchen keine Hölle. Ihre Seele leidet an sich selbst genug. Diese Satten sind die unnötigsten, die Schmarotzer des Lebens, die Parasiten der Menschheit. Aus ihnen bildet sich die seelische Trägheit der Massen.
  • Nur der Mensch, in dem die Sehnsucht brennt, kann der Menschheit etwas geben, kann helfen, kann wirken. Intellekt ohne Sehnsucht ist ein Schwert in der Hand eines Blinden.
  • Es kommt nicht auf die Weltanschauung an, sondern auf den Menschen, der aus ihr wird.
  • Bei vielen Menschen besteht der Anstand nur darin, dass sie das nicht tun, was sie denken.
  • Die Zeit mordet nicht, sondern verändert, sie zerstört nicht, sondern verwandelt, sie lässt nicht verlieren, sondern ändert den Besitzer, sie trifft nicht die Schönheit, sondern den Schönen.
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